Ein Schreiben, das zwischen den Zeilen lebt
In meinen Romanen geht es nicht nur um das, was erzählt wird, sondern vor allem um das, was nicht geschrieben steht und doch zwischen den Zeilen spürbar wird. Ich pflanze einen Samen und dort, wo er auf fruchtbaren Boden fällt, wird etwas wachsen.
Die leise Literatur und schwebende Prosa meiner Werke lädt dazu ein, in die Tiefe des Alltäglichen einzutauchen und dabei das sonst oft Unausgesprochene zu entdecken. Es sind Geschichten, die den Blick auf das Verborgene richten, die den stillen Momenten eine Bühne geben und zum Nachdenken anregen.

Metaphern und Bilder als Verbindung von Realität und Unwirklichkeit
Der Begriff „schwebende Prosa“ wird in der Literaturkritik verwendet, um einen Schreibstil zu beschreiben, der sich durch Leichtigkeit, fließende Übergänge und eine gewisse Entrücktheit auszeichnet. Dabei bleibt der Text nicht rein erzählerisch, sondern vermittelt ein Gefühl von Schweben – eine Atmosphäre, die sich fast unmerklich von der Realität löst und doch in ihr verwurzelt bleibt.
In meinen Romanen finden sich Metaphern und Bilder, die das Unwirkliche in den Alltag einweben. So entsteht eine Atmosphäre, in der das Fantastische selbstverständlich wird – eine schwebende Prosa, die das Gewöhnliche in ein neues Licht taucht. Dabei spielt auch die poetische Naivität eine Rolle: eine Sprache, die bewusst Einfachheit bewahrt, ohne dabei naiv zu sein. Sie verzichtet auf Künstlichkeit und Intellektualisierung, um die Welt mit staunendem Blick zu betrachten – nicht kindlich, sondern durchlässig für das Unscheinbare. Durchaus eine ästhetische Sprache, nicht kapriziös, sondern natürlich. Diese Art des Erzählens verbindet den Stil der poetische Naivität mit schwebender Prosa und leiser Literatur und lädt dazu ein, das Wunderbare im Alltäglichen zu erkennen.
Vielleicht bedeutet Glück, das Ende eines Traumes nicht zu fürchten. - Hermann Hesse
Leise Literatur als Einladung zur Reflexion
Leise Literatur bedeutet für mich nicht nur eine ruhige Erzählweise im Slow-Fiction-Stil, sondern auch eine Literatur, die nicht aufdringlich ist – und an manchen Stellen erst auf den zweiten Blick ihre ganze Wirkung entfaltet. Sie lässt Raum für Gedanken und Empfindungen der Lesenden und entfaltet eine nachhaltige Wirkung. Es bleibt etwas haften für jene, die über eine schöne Geschichte hinaus in Resonanz mit einer tiefen Reflexion gehen. Nicht jede*r wird das so empfinden, aber diejenigen, die es erleben, könnten erstaunt sein.
Meine Romane arbeiten mit einer Sprache, die Metaphern und Bilder nutzt, um das Unwirkliche in den Alltag einzuweben. Dabei entsteht eine Atmosphäre, in der das Phantastische selbstverständlich wird – eine schwebende Prosa, die das Alltägliche in ein neues Licht stellt. Es geht darum, den Lesenden zu zeigen, dass das Gewöhnliche auch das Wunderbare in sich trägt – eine Einladung, die Realität aus einer neuen Perspektive zu betrachten.
Ich wollte immer schon die Geschichten erzählen, die in den Zwischenräumen der Welt spielen. - Peter Handke
Eine Tradition des feinsinnigen Erzählens - Leise Literatur und schwebende Prosa
Ein besonderes Glück empfinde ich, wenn ich immer wieder entdecke, dass auch andere Schriftsteller wie Robert Walser, Hermann Hesse, Peter Handke oder W.G. Sebald in einigen ihrer Werke mit ähnlichen Stilmitteln arbeiten. Das zeigt mir, dass diese Art des Schreibens eine Brücke zwischen Wirklichkeit und Erzählkunst schlägt – und dass ich mich in einer Tradition wiederfinde, die das Einfache und oft Unscheinbare in den Mittelpunkt rückt.
„Ich habe mir das Schreiben als eine kleine, stille Kunst vorgestellt. Eine, die nichts fordert und nichts verlangt, sondern nur anbietet.“ - Robert Walser
Ein Schreiben, das zum Nachdenken einlädt
Diese Stilmittel – die leise Literatur, die schwebende Prosa und die poetische Naivität – prägen meine Arbeit und bilden die Grundlage für eine Literatur, die zum Nachdenken einlädt und den Alltag in ein neues Licht rückt.
„Weil das Leben manchmal leise zu uns spricht – für alle, die es hören können.“ - aus meinem neuen Roman Bramberi

Exkurs: Robert Walser – Meister der leisen Töne
Über einen Autor, der mich fasziniert: Robert Walser (1878–1956) war ein Schriftsteller, dessen Werk sich durch eine unvergleichliche Feinheit, Zurückhaltung und poetische Leichtigkeit auszeichnet. Er schrieb Romane, Erzählungen und Feuilletons, die oft zwischen Realität und Traum oszillieren und das Unscheinbare in den Mittelpunkt rücken. Seine Protagonisten sind meist Wanderer, Träumer oder Menschen, die sich nicht in die gesellschaftlichen Strukturen einfügen wollen – Figuren, die sich mit einer Mischung aus Naivität und feiner Ironie durch das Leben bewegen.
Seine bekanntesten Romane, darunter „Geschwister Tanner“ (1907), „Der Gehülfe“ (1908) und „Jakob von Gunten“ (1909), thematisieren das Spannungsverhältnis zwischen Anpassung und Individualität. Walser war ein Meister der leichten, scheinbar beiläufigen Prosa, die oft erst auf den zweiten Blick ihre Tiefe enthüllt. Sein Stil verbindet Impressionismus mit leiser Satire und einem schwebenden Erzählton, der viel Raum für eigene Gedanken lässt – eine Qualität, die ihn besonders anschlussfähig an das Konzept der leisen Literatur macht.
Vom Vergessenen zum Klassiker
Zu Lebzeiten blieb Robert Walser weitgehend unbeachtet. Zwar bewunderten Autoren wie Franz Kafka und Walter Benjamin seine Prosa, doch seine Bücher verkauften sich schlecht, und er zog sich schließlich aus der literarischen Öffentlichkeit zurück. Nach Jahrzehnten des Vergessens wurde er erst in den 1970er-Jahren wiederentdeckt. Heute gilt er als einer der bedeutendsten Vertreter der modernen deutschsprachigen Literatur – ein leiser Autor, dessen Werke erst posthum ihre volle Strahlkraft entfalten konnten.